–  32491 Zugriffe

275 625/626 – Prototyp der Bauart Stadtbahn

Bilder
Außenansicht
Stadtbahner-Prototyp in München
Innenansicht
Stadtbahner-Prototyp Innenraum
Beschreibung 
(a) Informationen über die Bauart Stadtbahn

Nach dem Probetrieb auf den nördlichen Vortortstrecken nach Bernau, Oranienburg und Velten begann die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft (DRG) mit der Entwicklung eines Fahrzeugtyps für die geplante „Große Elektrisierung der Stadt-, Ring- und Vorortbahnen". Die Erfahrungen mit den Vorserienfahrzeugen der Bauart 1925 (Oranienburg) flossen in die Entwicklung mit ein: die "Stadtbahner" erhielten leichtere Wagenkästen und eine bessere elektrische Ausrüstung. Die DRG beauftragte sechs Herstellerfirmen, welche als Lieferkartell die Großserie fertigen sollten.

Der Probezug traf 1927 in Berlin ein, im selben Jahr begann die Serienfertigung. Bis 1931 wurden insgesamt 1276 Wagen geliefert. Damals ein Rekord! Die Wagen kamen von den Firmen in das neu errichtete Reichsbahnausbesserungswerk Berlin-Schöneweide und wurden dort elektrisch ausgerüstet. Am 6. Juni 1928 wurde der elektrische Betrieb auf der Strecke Potsdam—Erkner feierlich eröffnet.

In den folgenden Jahrzehnten bildeten diese Fahrzeuge das Rückgrat der Berliner S-Bahn und wurden mehrfach modernisiert. So fuhren die Stadtbahner in Form der Baureihe 476/876 noch bis ins Jahr 2000 durch Berlin und das Umland. Diese Einsatzzeit von über 70 Jahren ist absolut untypisch für ein Schienenfahrzeug und war auch der besonderen politischen Situation in Berlin geschuldet.

Die Fahrzeuge bestanden anfangs aus Trieb- und Steuerwagen (461 Viertelzüge), um zwei Wagen als kleinste betriebliche Einheit nutzen. Der große Erfolg des neuen Verkehrsmittels bewirkte ein Umdenken: Die Reichsbahn bestellte die restlichen Viertelzüge mit Beiwagen anstelle von Steuerwagen. Etliche Steuerwagen wurden ab 1942 zu Beiwagen umgebaut.



(b) über das Fahrzeug

Der Viertelzug 275 625/626 trug bei Auslieferung die Wagennummern 2187 (Triebwagen) und 5205 (Beiwagen) und gehörte damit zu einen von vier im Jahr 1927 gebauten Prototypen. Bei Auslieferung trugen der Viertelzug eine ungewöhnliche Farbgebung, da die dritte Wagenklasse komplett gelb und die zweite rot lackiert war. Während die anderen drei Prototypen verschrottet bzw. in U-Bahn-Wagen umgebaut wurde, blieb 275 625/626 erhalten und ging in die Sammlung des Vereins über.

Im Jahr 2006 erreichte eine Anfrage des Deutschen Museums in München den Verein, das für seine Sammlung im Verkehrszentrum Interesse an einen Berliner S-Bahnwagen zeigte. Da eine betriebsfähige Aufarbeitung in Berlin nicht in Aussicht stand, wurde der Triebwagen am 1. Juni 2006 nach München überführt und dort als Leihgabe ausgestellt. Der Beiwagen ist in Berlin abgestellt.

Zurück in Berlin blieb sein Beiwagen (275 626), für den nun im S-Bahnnetz leider keine Abstellmöglichkeit mehr zu finden war. Deswegen haben wir uns im Jahr 2021 entschlossen, den Wagen zu verkaufen. Das Echo auf den Zeitungsartikel war überraschend groß, so dass wir den bestmöglichen Anbieter auswählen konnten. Der Wagen ist vor der Verschrottung gerettet. Per Tieflader wurde er im Mai in ein Dorf nach Belzig (Landkreis Potsdam-Mittelmark) transportiert, wo er nach einer Renovierung als Coworking-Space genutzt werden wird. Hier zeigen wir ein Bild vom Abladen aufs Gleis.

Technische Daten
Bauart Stadtbahn
Baujahr 1927 (Prototyp)
Einsatzzeit 1928 – 198?
Antriebsleistung 360 kW (4 x GBM 700)
Höchstgeschwindigkeit 80 km/h
Wagenlänge (über Kupplung) 35.460 mm
Sitzplätze  
Zustand 70er und 80er Jahre